Warum es besser ist, wegen schwerer Untreue angeklagt zu werden als wegen Eierdiebstahls. (Selbst wenn es nur um ein einziges gemopstes Ei ginge)
Das Strafrecht kennt nicht nur Verurteilung und Freispruch. Ein Verfahren kann auch gegen die Erfüllung von Auflagen eingestellt werden, wenn diese geeignet sind, "das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht." Ganz offenkundig ist das für leichte Fälle gedacht, während die schweren Jungs die ganze Härte des Gesetzes kennen lernen sollen. In der Praxis läuft es leider umgekehrt. An Eierdieben kühlt die Justiz gerne ihr Mütchen. Das erfordert wenig Arbeit. Einfache Fälle, schmale Akten, kurze Verhandlungen und demzufolge viel Freizeit für die Richter. Wer billig davon kommen will, der gibt sich nicht mit Kleinkram zufrieden, sondern steigt gleich im großen Stil in die kriminelle Karriere ein. Dann kann er, wenn er denn vor Gericht landen sollte, der Justiz mit dem drohen, was sie am meisten fürchtet: mit viel Arbeit.
Tausende von Akten müssen gelesen, viele Verhandlungstage angesetzt werden. Gutachten sind einzuholen, Beweismittel zu würdigen. Ein Angeklagter, der sich teure Anwälte leisten kann, stellt die Richter vor folgende Wahl: Ein Teilgeständnis gegen Einstellung mit Auflagen beziehungsweise eine milde Strafe, womit der Prozess beendet und das Gericht in den Feierabend entlassen ist, oder einige sehr arbeitsreiche Monate. Das klappt fast immer. Vor kurzem wurde gegen einen Kunstfälscher verhandelt, der 35 Jahre lang eigene Gemälde als Werke großer Meister ausgegeben und teuer verkauft hatte. 55 Bilder standen in dem Verdacht, Fälschungen von seiner Hand zu sein. Um ihm die Täterschaft nachzuweisen, hätte das Gericht jedes einzelne begutachten lassen müssen. Viel Arbeit stand drohend vor der Tür. Also wurde ein Deal gemacht.
Ein Teilgeständnis hinsichtlich einiger weniger Bilder im Tausch gegen eine niedrige Freiheitsstrafe, die er fast sofort im offenen Vollzug verbringen durfte, während die Eierdiebe in den Nachbarzellen natürlich ihre Strafen abgesessen haben dürften. Ähnlich lief es bei Galander. Einstellung gegen10 000 Euro Geldauflage und ein kleines Teilgeständnis. Was dachte sich die Kammer dabei? Um den "Nordkurier" zu zitieren:" Zu komplex und zu ungewiss wäre eine aufwendige Beweisführung durch die Staatsanwaltschaft gewesen, sagte der Vorsitzende Richter - nach seinen Worten "ein Ritt auf der Rasierklinge".
Da steht also der Vorwurf schwerer Untreue in einer Dimension von mehreren Hunderttausend Euro zu Lasten der Hansestadt Anklam im Raum. Der Angeklagte ist vielleicht schuldig, und in der Öffentlichkeit besteht ein großes Interesse daran zu erfahren, ob das wirklich den Tatsachen entspricht und was eigentlich geschah. Aber dem Gericht sind der Aufwand lästig und die Beweisführung zu komplex. Also weg damit! Lasst die Großen laufen! Die Wünsche der Politik dürften der Kammer auch nicht ganz unbekannt gewesen sein. Nachdem sich Galander der politischen Klasse als NPD-Gegner empfohlen hatte, wäre eine Verurteilung überhaupt nicht in deren Sinne gewesen.
Überhaupt wird die Möglichkeit, Strafverfahren gegen Auflagen einzustellen, immer häufiger dazu mißbraucht, politisch genehme Angeklagte vom Haken zu lassen. Es ist fast unmöglich, verurteilt zu werden, wenn man aus einer "antifaschistischer Gesinnung" heraus handelt. Da steht die Schwere der Schuld nie einer Einstellung entgegen! Ein kleines Beispiel, wie billig man als Terrorist mit dem richtigen ideologischen Hintergrund selbst mit einem Mord davonkommen kann: Durch ein paar juristische Wertungstricks wird aus dem Mord eine "Körperverletzung mit Todesfolge". Dafür geben es nicht mehr lebenslänglich, sondern mindestens drei Jahre. Da die leider nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können, dreht man die Sache zu einem "minderschweren Fall". Schon ist man nur noch bei einem Jahr Mindeststrafe. Schnell einen Bewährungsbeschluß fabriziert, und der Mörder ist frei.
Seine Zelle gehört dem Eierdieb (ohne nachweisbare antifaschistische Einstellung natürlich). Der Kampf für Toleranz und Demokratie kann weiter gehen.
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Erstellt am Freitag, 18. Januar 2013